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11.07.2008

Frühstück im Dunkeln

„Ich finde die Marmelade nicht! Kannst du mir beim Suchen helfen?“ „Christiane, ich hab Angst!“ „Mir ist die Butter vom Messer gefallen! Ich weiß nicht wo sie auf meinem Teller ist. Ob sie überhaupt noch am Teller ist?“ „Du musst beim Schütten des heißen Tees in die Tasse einfach deinen Finger in die Tasse halten. Hier ist der Schnabel der Kanne. Vorsichtig schütten!“ „Wie groß ist eigentlich der Raum in dem wir sind? Wo sitzt du Tania?“ „Wann machen wir wieder Licht?“ „Nein, bitte noch nicht das Licht einschalten!“


Frühstück im Dunkeln ist eine Aktion des Blindenverbandes bei dem ein Blinder einer Gruppe hilft in einem völlig dunklen Raum – ohne Möglichkeit der Anpassung des Auges – zu frühstücken. Bei diesem Essen, welches wir in der letzten Schulwoche zu uns nahmen und erlebten, gerieten wir in Situationen die uns sonst fremd sind. Das Aufschneiden des Brötchens gelang uns nachdem wir tastend unseren Tisch erkundet hatten zu dem wir von unserer blinden Führerin geleitet wurden. Beim Suchen des erwünschten Aufstriches versuchten wir durch die Form der Verpackung und durch Riechen zu erraten was wir in Händen hielten. Sehr kompliziert wurde das Streichen des Brotes. Wir erkannten dabei wie viel bei dieser Handlung unser Auge mithilft. Ohne verklebte Hände – und bei vielen ohne furchtbar verschmierten Tisch – war es uns nicht möglich unsere Semmel essbereit zu machen. Ständig riefen die Kinder unsere freundliche und sehr einfühlsame blinde Leiterin um Hilfe. Wir bemerkten wie gewandt und problemlos sie sich im Dunkeln bewegte, wo wir doch so Mühe hatten. Sie brachte uns die heißen Teekannen, verteilte Servietten, fand auf Anhieb die gewünschte Butter und schritt uns den Raum ab, damit wir „sehen“ konnten wie groß er ist. Was die Kinder sehr verwunderte war, dass sie bemerkte wann jemand sich im Dunkeln nur zu ihr drehte und zu ihr „blickte“. Wir durften alle unsere Fragen stellen – wie sich ein Blinder wecken lässt, wie er seine Post liest, wie er sich im Verkehr bewegt, wie er am Computer schreiben kann, wie er auf seiner Uhr die Zeit abliest, und und und. Unsere blinde Führerin erblindete durch eine Krankheit. Die größte Herausforderung für sie ist seitdem das Einkaufen – wegen der vielen verschiedenen Produkte, die immer wieder auf einem anderen Platz zu finden sind und bei denen leider das Ablaufdatum für Blinde nicht abzulesen ist. Der größte Verlust sei für sie nicht mehr Auto fahren zu können. Aber es gäbe auch Vorteile – man müsse nicht mehr alles sehen. Menschen die nicht so aussehen wie die gesellschaftliche Norm es vorschreibt, seien besonders freundlich.
Ständig glaubt man noch die Augen aufmachen zu müssen, irgendwann fallen einem die Augen zu – es spielt ja keine Rolle. Und das Dunkle macht müde. Man nimmt Geräusche lauter wahr. Nach den eineinhalb Stunden im Finsteren tat das Licht richtig weh – wir mussten unsere Augen fest zupressen und zuhalten.
Dieses Erlebnis weckte in uns viel Bewunderung und ein größeres Verständnis für die Herausforderungen blinder Menschen.
 

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